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Die Dresdner Herz-Kreislauf-Tage 2023 – Zertifizierte Ärztefortbildung oder einfach nur riesige Pharma-Verkaufsshow?

Wir hatten in den letzten Monaten verschiedene als „ärztliche Fortbildungen“ getarnte Pharma-Verkaufsshows unter die Lupe genommen:

Während manche ärztliche Organisationen nach dann doch vertiefter Prüfung der Ärztekammern ihre beantragte Zertifizierung „freiwillig“ zurückgezogen haben, scheinen andere Fachgesellschaften, wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft nach unseren Enthüllungen so tief im Pharma-Sumpf zu stecken, dass sie selbst einfache Fragen zu Transparenz nicht beantworten möchten oder können. Auch die Deutsche Hochdruckliga e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin scheinen das Problem mit ihren extrem pharma-lastigen „Fortbildungen“ schweigend aussitzen zu wollen – kein gutes Bild, wenn man sich Objektivität und Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat.

2023 starten wir von MEZIS mit der Analyse der Dresdner Herz-Kreislauf-Tage: leider wieder ein Volltreffer in punkto Pharmawerbung und massiver Beeinflussung ärztlichen Verordnungsverhaltens durch Veranstalter und Pharma-Firmen.

Hier unsere konkreten Kritikpunkte:

1) Alle Fachvorträge, für die die Sächsische Landesärztekammer eine Zertifizierung erteilt hat, werden direkt von Pharmafirmen unterstützt (siehe folgender Screenshot aus dem Tagungsprogramm).

Damit würde die Landesärztekammer nach unserer Auffassung sowohl gegen ihre eigenen als auch gegen die rechtlichen Grundlagen der Bundesärztekammer verstoßen. Dies haben wir der Ärztekammer mitgeteilt und hoffen, dass dieser Fehler rasch ausgebügelt wird.

2) Der Veranstalter betreibt zugleich einen Förderkreis, der wiederum die Veranstaltung mitfinanziert. Die Informationen zum Förderkreis sind für einen eingetragenen Verein recht spärlich und nähren den Verdacht, dass die finanziellen Förderer Pharmafirmen sind. Wir haben den Veranstalter dazu angefragt und werden seine Antwort hier veröffentlichen.

3) Der Vorsitzende des Fördervereins und alle Mitglieder des Programmkommitees haben multiple Interessenkonflikte ( = finanzielle Beziehungen zu den Sponsoren der Veranstaltung). Wir erwarten auch hier Antworten, welche konkreten Maßnahmen ergriffen wurden, um diese Interessenkonflikte zu minimieren. Auch ist ungeklärt, wo und in welchem Umfang Sponsoren bei der Erstellung des Programmes beteiligt wurden.

4) Die 35 Sponsoren aus der pharmazeutischen und Medizinprodukte-Industrie finanzieren die Veranstaltung laut Tagungsprogramm mit insgesamt fast einer halben Million Euro. Alle Fachvorträge am Freitag werden zudem direkt von den Sponsoren finanziert.

Ein Beispiel: Die Firma Pfizer bezahlt Geld dafür, dass sie ihr „Symposium“ zum eigenen Hochpreis-Medikament Tafamidis direkt in der passenden Zielgruppe ausrichten darf. Bei 180.000 Euro Jahrestherapiekosten pro Patient:in erscheinen die rund 14.000 Euro Sponsoring als gut investierte Werbeausgaben.

Eine derartige Verkaufsshow darf aber auf keinen Fall mit CME-Punkten zertifiziert werden!

Die Fortbildungsordnung schreibt dazu: „Grundsätzlich nicht anerkennungsfähig ist eine Fortbildungsmaßnahme, bei der die Produktneutralität nicht gewährleistet ist„. Und in den Empfehlungen zur Fortbildung der Bundesärztekammer steht: „Insbesondere produktbezogene Informationsveranstaltungen u. a. von Pharmaunternehmen […] können nicht anerkannt werden. Mit der Teilnahme an einer solchen Veranstaltung, die ein produktbezogenes Sponsoring beinhaltet, können Ärzte ihre Fortbildungspflicht nicht erfüllen.

Wir haben deshalb neben der Ärztekammer und dem Veranstalter auch die Referent:innen gebeten, sich für eine Rücknahme der CME-Zertifizierung dieser Pharma-Verkaufsshow einzusetzen.

Ausblick

Als nächstes werden wir im Frühling einen der führenden kommerziellen Anbieter von ärztlichen Fortbildungen in Deutschland unter die Lupe nehmen.

2023