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Verbotene Laienwerbung von Novo Nordisk für „Abnehmspritzen“?

In Deutschland ist Werbung für Arzneimittel außerhalb medizinischer Fachkreise aus gutem Grund verboten. Doch seit Längerem unterlaufen Pharma-Firmen dieses Verbot mit juristisch grenzwertigen und gewollt angstauslösenden Werbekampagnen: Bilder von entstellenden Hauterkrankungen sollen zur Impfung gegen Gürtelrose motivieren, Schockvideos zur Impfung gegen Meningokokken. Dabei ist unstrittig, dass Impfungen Leben retten können – es geht um die nach unserer Ansicht nach Heilmittelwerbegesetz verbotene Laienwerbung. Der banale Trick dabei: Das Arzneimittel wird nicht genannt, es gibt jedoch nur ein zugelassenes Präparat in Deutschland. MEZIS hat sich deshalb bereits mehrfach an Aufsichtsbehörden und Verbraucherschützer gewandt – bislang ohne Erfolg (vgl. Referat MEZIS-Fachtagung).

Ein aktuelles Beispiel für diese Art von Werbung bietet die massive Werbekampagne von Novo Nordisk mit seiner Webseite www.ueber-gewicht.de.

Dort steht der Satz: „Novo Nordisk verpflichtet sich, das Leben von Menschen mit Adipositas nachhaltig zu verbessern. Mit DRIVING CHANGE IN OBESITY wollen wir die Art und Weise verändern, wie Adipositas vorgebeugt, wahrgenommen und behandelt wird.“

Unfassbar und anmaßend, weil Adipositas sich nicht mit Abnehmspritzen bekämpfen oder gar heilen lässt. Aber Novo Nordisk verdient mit teuren „Abnehmspritzen“ Milliarden – obwohl über deren langfristigen Nutzen bei Adipositas ebenso wenig bekannt ist wie deren Langzeitrisiken.

Das Ziel der Webseite -als einem Bestandteil der weltweit durchorchestrierten Marketingstrategie- ist offensichtlich: Adipositas ist plötzlich für die Firma eine „globale Pandemie“. Vielleicht weil das Produkportfolio und die Aktionäre das so wollen? Der Leser könnte den Eindruck bekommen, dass eine Nichtbehandlung der Adipositas unethisch sei, weil es jetzt ja endlich wirksame Therapien geben würde.

Auf der Webseite wird dies wie folgt dargestellt (aus juristischen Gründen verzichten wir auf Screenshots):

Starkes Übergewicht ist behandelbar. Hier erfährst du, welche Möglichkeiten der Adipositas-Behandlung es gibt.

Medikamente                                     Ernährung                                    Bewegung                                            Verhalten

Wohlgemerkt stehen „Medikamente“ an erster Stelle obwohl ein Blick in die Geschichte der Abnehmpräparate lehrt: Langfristig starben tausende Menschen an deren Nebenwirkungen und kein Präparat hielt sich langfristig am Markt – ganz einfach weil man Adipositas nicht alleine mit Medikamenten bekämpfen kann. Deshalb kommen auch in der aktuellen Leitlinie Adipositas Medikamente immer erst an letzter Stelle, erst wenn Ernährung-, Bewegung- und Verhaltensänderung keinen Erfolg hatten.

Die Webseite arbeitet mit verschiedenen psychologischen Mechanismen – neben dem omnipräsenten Hinweis auf die wirksame medikamentöse Therapie, z.B. auch mit klassischer Angsterzeugung: Um das Bild einer übergewichtigen Frau werden mehr als ein Dutzend Begleiterkrankungen von Adipositas drapiert.

Übergewichtige können so -passend informiert- auf der Webseite gleich nach „Adipositas-Spezialisten“ in ihrer Nähe suchen und werden weitergeleitet auf die Webseite www.adipositas-spezialisten.de – kaum noch überraschend ebenfalls von Novo Nordisk.

Fazit: MEZIS sieht die Aufsichtsbehörden und den Gesetzgeber in der Pflicht, Werbung durch Pharmafirmen außerhalb von Fachkreisen wirksam zu unterbinden und bereitet dazu bereits eine Bundestags-Petition vor.