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PM: MEZIS kritisiert die Werbekampagne NovoNordisks für das Medikament Wegovy

Pharmafirmen gefährden für ihr Aktienwohl das Patientenwohl – aktuelles Beispiel: die „Abnehmspritze Wegovy“

MEZIS kritisiert die Werbekampagne NovoNordisks für das Medikament Wegovy und weist auf schwere Interessenkonflikte bei deutschen Ärzt:innen und Fachgesellschaften in Schlüsselpositionen hin.

Prof. Dr. med. Jens Aberle ist aktuell ein sehr gefragter Interviewpartner. Als Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und ärztlicher Leiter des Adipositas-Centrums am UKE Hamburg ist er in der medial wichtigsten Schlüsselposition für Medikamente gegen Adipositas. „Wegovy“ findet er gut, weil „Es wird im Gehirn sozusagen der Impuls gesetzt, dass man satt sei“. Zuletzt im „Stern“ forderte er, dass das Lifestyle-Medikament auch auf Krankenkassenkosten verordnet werden solle – ein absolutes Novum in diesem Segment[1][4].

Was nur wenige Menschen und wohl auch wenige Medien wissen: Der Arzt steht als Redner und Berater auf der Gehaltsliste von NovoNordisk, dem Hersteller von Wegovy[2]. Auch seine Adipositas-Gesellschaft wurde von NovoNordisk im letzten Jahr mit einer Großspende von 145.000 Euro bedacht[3]. Angesichts von nur 80.000 Euro Mitgliedsbeiträgen pro Jahr liegt die Annahme nahe, dass die Fachgesellschaft die eigentlich geforderte patientenwohl-zentrierte und kritische Kontrollfunktion bei einem derartigen Interessenkonflikt nicht mehr ausüben kann.

Niklas Schurig, Vorstandsmitglied von MEZIS: „NovoNordisks Werbekampagne in der Laienpresse wurde bereits zu Recht heftig kritisiert. Auch die Ärzteschaft hat ein großes Problem mit bezahlten Redner:innen, die trotz massiver Interessenkonflikte immer noch Vorträge und zertifizierte Fortbildungen halten dürfen und so das Verordnungsverhalten von Kolleg:innen beeinflussen.“ „Wenn NovoNordisk sich in eine Fachgesellschaft als Werbeplattform einkauft, leidet darunter auch die Glaubwürdigkeit der gesamten Ärzteschaft, zumal diese Fachgesellschaft auch bei der Leitlinienerstellung mit am Tisch sitzt“, so Schurig weiter.

Aufgrund der massiven Werbekampagne fehlt vielen Diabetespatient:innen ihr Diabetesmedikament, weil der Wirkstoff von Wegovy, welcher den Apotheker:innen aus den Händen gerissen wurde, auch für die Diabetesbehandlung eingesetzt wird.

Manja Dannenberg, ebenfalls Vorstandsmitglied von MEZIS, appelliert: „Alle Verantwortlichen in Ärzteschaft und Politik sollten diese Werbekampagne als Weckruf sehen: Pharmafirmen sitzen nicht nur in den Schlüsselpositionen vieler Fachgesellschaften, sondern auch immer noch bei der Leitlinienerstellung und im Gemeinsamen Bundesausschuss faktisch mit am Tisch und vermarkten so ihre Produkte! Wir brauchen ein striktes Interessenkonfliktmanagement in allen Entscheidungsgremien.“

 

[1] https://www.stern.de/gesundheit/gesundheitsnews/deutschland–abnehmmittel–wegovy–kommt-ab-montag-auf-den-markt-33652816.html; letzter Zugriff: 02.08.2023
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35879524/; letzter Zugriff: 02.08.2023
[3] https://www.lobbyregister.bundestag.de/media/04/49/217426/Bericht-uber-die-Erstellung-des-Jahresabschlusses-zum-31-Dezember-2022-ohne-Unterschriften.pdf; https://adipositas-gesellschaft.de/unterstuetzer/; offenlegung-zuwendung-sonstige-2022.pdf (novonordisk.de); letzte Zugriffe: 02.08.2023
[4] https://adipositas-gesellschaft.de/statement-des-dag-praesidenten-prof-jens-aberle-zu-neuartigen-adipositas-medikamenten/; letzter Zugriff: 02.08.2023

Bildquelle: Adobe Stock

 

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