Der DGIM-Kongress 2024: Where BigPharma meets Internisten
Wenn die Kongress-Webseiten immer mehr kostenlosen Streuzeitschriften gleichen – Werbebotschaften penetrant den Blick auf das Programm verstellen weiß man: Die Pharma-Industrie hat mal wieder erfolgreich einen Kongress der Ärzteschaft gekapert. Neben den hier schon untersuchten Beispielen, heute ein kurzer Überblick zum Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, DGIM, der im April 2024 in Wiesbaden stattfindet.
Ein paar Zahlen zur Einstimmung: Weit über 100 Unternehmen der pharmazeutischen und Medizinprodukte-Industrie dürfen ihre Produkte und Dienstleistungen auf diesem wissenschaftlichen Kongress wieder in die Köpfe der Kolleginnen und Kollegen werben. Die DGIM hat – wohl um diesem offensichtlichen Geschmäckle irgendwie entgegenzuwirken- sogar eine Compliance-Firma mit der „Prüfung“ beauftragt: Die Firma Ethicalmedtech ist nach intensiver Überprüfung von Kriterien wie „Geographischer Lage“ aber zur Auffassung gelangt, dass der DGIM Kongress „compliant“ sei. Da die prüfende Firma auch gleich mit der „European Federation of Pharmaceuticals Industries and Associations (EFPIA) „kooperiert, ist wenig überraschend, dass eine Suche nach „nicht complianten“ Veranstaltungen in Deutschland dieses Jahr auch „no results“ bringt – sprich ALLES wird einfach „zertifiziert“. Man könnte es auch Pharma-Greenwashing nennen.
Bei den unglaublichen fast einhundert Sponsoren sind die bekannten großen Pharmaunternehmen wie immer die größten Sponsoren. Als Beispiel zahlt NovoNordisk für „Aussteller, Symposium, Sponsoring“ knapp 70.000 Euro.
Die DGIM „verpflichtet“ laut Webseite alle 130 Referierenden, eine Interessenkonflikterklärung am Anfang ihres Vortrags einzublenden. Klingt gut, ist aber sinnlos, da trotzdem jeder bezahlte Pharma-Redner zu jedem Thema damit dennoch überall referieren darf. Auf der Höhe der Zeit wäre dagegen ein effektives Interessenkonfliktmanagement, wie z.B. das bei der AWMF, bei der solche Interessenkonflikte zum Ausschluß z.B. bei Abstimmungen führen. Bei der DGIM würde eine solche Interessenkonflikt-Regelung aber zu ziemlich vielen leeren Vortragspulten führen …. .
So wird auch dieser Kongress wieder ein Fest für die Pharmaindustrie, die gerne viel Geld dafür bezahlt um durch massive Werbung an Ständen, in Symposien, und durch ihre eingekauften Redner auf leider CME-zertifizierten Vorträgen ihre Produkte in die Köpfe der Verordnenden zu bekommen. Oft wird zur Verteidigung dann angeführt, dass man auf die Einnahmen durch die Werbung angewiesen sei … dieses Märchen widerlegen Kongresse wie der der DEGAM aber schon seit Jahren.
Schaut man sich die Jahresberichte der DGIM an, wird deutlich, wie tief sie BigPharma schon immer freiwillig in ihre DNA integriert hat, sie schreibt dort: „Der Austausch mit der Industrie ist nicht nur der DGIM ein großes Anliegen. Auch viele Korporative Mitglieder schätzen den Dialog zu wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Themen“.
Ja, klar schätzen die das, aber die Aufgabe einer Fachgesellschaft ist doch unter anderem unabhängige Fort- und Weiterbildung?
Die Pharmaindustrie im DGIM-Jahresbericht sagt es sogar noch unverblümter: „Der gemeinsame Wille, aktuelle medizinische Herausforderungen in einer sich verändernden Forschungs- und Versorgungslandschaft zu besprechen, Lösungen zu suchen und Projekte zu planen, sind gute Gründe für unser langfristiges Engagement“, fasste Dr. Markus Mundhenke, Vertreter des Leverkusener Pharmakonzerns bei der DGIM, die Motivation seines Unternehmens für die Mitgliedschaft zusammen.
Gruselig.